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Urteil Kantonsgericht (GR)

Zusammenfassung des Urteils KSK 2023 22: Kantonsgericht

In dem vorliegenden Fall ging es um ein Verfahren vor dem Obergericht des Kantons Bern in Strafsachen, in dem es um die Nichtanhandnahme eines Strafverfahrens wegen fahrlässiger Körperverletzung ging. Die Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt C.________, beantragte die Eröffnung einer Strafuntersuchung gegen den Beschuldigten. Es wurde diskutiert, ob die Polizei vor der formellen Eröffnung einer Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft Berichte einholen darf. Letztendlich entschied das Gericht, dass die Beschwerde abgewiesen wird, da keine eindeutigen Beweise vorlagen, ob der Unfall beim Vorwärts- oder Rückwärtsfahren geschah. Die Kosten des Verfahrens wurden der Beschwerdeführerin auferlegt.

Urteilsdetails des Kantongerichts KSK 2023 22

Kanton:GR
Fallnummer:KSK 2023 22
Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:
Kantonsgericht Entscheid KSK 2023 22 vom 30.05.2023 (GR)
Datum:30.05.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Rückweisung Fortsetzungsbegehren
Schlagwörter : Betreibung; SchKG; Betreibungs; Betreibungsamt; Fortsetzung; Fortsetzungsbegehren; Plessur; Konkurs; Wohnsitz; Schuldner; Beschwerdegegner; Schuldbetreibung; Fortsetzungsbegehrens; Aufsichtsbehörde; Entscheid; Rückweisung; Verfügung; EGzSchKG; Schuldners; Betreibungsort; Ausland; Kanton; Verfahren; Krüsi; Schuldbetreibungs; Konkursamt
Rechtsnorm:Art. 13 KG ;Art. 149 KG ;Art. 17 KG ;Art. 20a KG ;Art. 23 ZGB ;Art. 24 ZGB ;Art. 32 KG ;Art. 46 KG ;Art. 48 KG ;Art. 53 KG ;Art. 66 KG ;Art. 8 KG ;Art. 88 KG ;
Referenz BGE:119 III 51; 120 III 7;
Kommentar:
Kren Kostkiewicz, Vock, Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Art. 53 SchKG, 2017

Entscheid des Kantongerichts KSK 2023 22

Entscheid vom 30. Mai 2023
Referenz KSK 23 22
Instanz Schuldbetreibungs- und Konkurskammer als Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs
Besetzung Cavegn, Vorsitzender
Guetg, Aktuar
Parteien A.___ AG
Beschwerdeführerin
gegen
B.___
Beschwerdegegner
Gegenstand Rückweisung Fortsetzungsbegehren
Anfechtungsobj. Rückweisung des Fortsetzungsbegehrens durch das Betreibungs- und Konkursamt der Region Plessur
Mitteilung 31. Mai 2023


Sachverhalt
A. In der Betreibung Nr. C.___ des Betreibungs- und Konkursamts der Region Plessur (nachfolgend Betreibungsamt Plessur) stellte die A.___ AG einen Betrag von CHF 9'251.40 gestützt auf einen Verlustschein vom 27. Februar 2023, welcher in der Betreibung Nr. D.___ vor dem Betreibungsamt Plessur gegenüber B.___ erging, ohne neuen Zahlungsbefehl am 3. März 2023 das Fortsetzungsbegehren.
B. Am 15. März 2023 sandte das Betreibungsamt Plessur das Fortsetzungsbegehren an die A.___ AG zurück. Zur Begründung wurde geltend gemacht, B.___ halte sich im Ausland auf und sei nicht mehr in F.___ wohnhaft. Gleichzeitig stellte das Betreibungsamt Plessur der A.___ AG eine Rechnung über CHF 23.30 zu.
C. Mit Eingabe vom 20. März 2023 erhob die A.___ AG (nachfolgend Beschwerdeführerin) Beschwerde an das Kantonsgericht als Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs und machte geltend, das Betreibungsamt Plessur habe sich dem Fortsetzungsbegehren anzunehmen. Aus einem E-Mail-Verkehr sei ersichtlich, dass B.___ (nachfolgend Beschwerdegegner) noch immer an der E.___strasse zu erreichen sei. Es werde auch die Stornierung der Rechnung erwartet.
D. Mit Stellungnahme vom 18. April 2023 beantragte das Betreibungsamt Plessur die Abweisung der Beschwerde.
E. Auf eine Vernehmlassung beim Beschwerdegegner wurde verzichtet.
F. Die Sache ist spruchreif.
Erwägungen
1.1. Gegen jede Verfügung eines Betreibungsoder eines Konkursamtes kann nach Art. 17 Abs. 1 SchKG bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung Unangemessenheit Beschwerde geführt werden. Im Kontext von Betreibungshandlungen kann sich die Beschwerdeführerin somit auf jede Verletzung der Bestimmungen über deren Vollzug berufen. Im Kanton Graubünden amtet das Kantonsgericht nach Art. 13 SchKG in Verbindung mit Art. 13 EGzSchKG (BR 220.000) als einzige Aufsichtsbehörde über die Betreibungs- und Konkursämter. Die interne Zuständigkeit fällt dabei der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zu (Art. 8 Abs. 1 KGV [BR 173.100]). Die Beschwerde ist schriftlich (Art. 17 Abs. 1 EGzSchKG) und binnen einer Frist von zehn Tagen seit Kenntnisnahme des Beschwerdeführers von der angefochtenen Verfügung (Art. 17 Abs. 2 SchKG) einzureichen. Im Übrigen richtet sich das Verfahren gemäss Art. 10 EGzSchKG, soweit das SchKG und das EGzSchKG keine Vorschriften enthalten, nach der ZPO und dem EGzZPO (BR 320.100).
1.2. Die Kantone regeln – unter Beachtung der bundesrechtlichen Minimalvorschriften (Art. 20a Abs. 2 SchKG) – im Weiteren das Verfahren vor der kantonalen Aufsichtsbehörde (Art. 20a Abs. 3 SchKG). Gemäss Art. 20a Abs. 2 Ziff. 2 SchKG hat die Aufsichtsbehörde den Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen (vgl. auch Art. 17 Abs. 2 EGzSchKG).
1.3. Zur Beschwerde nach Art. 17 SchKG ist legitimiert, wer durch die angefochtene Verfügung ein Untätigwerden eines Vollstreckungsorgans in seinen rechtlich geschützten zumindest tatsächlichen Interessen betroffen und dadurch beschwert ist und deshalb ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung Änderung der Verfügung hat (Pra 2019 Nr. 57 E. 3.2; Pra 2019 Nr. 33 E. 4.2.2).
1.4. Vorliegend hat die Beschwerdeführerin die Rückweisung des Fortsetzungsbegehrens durch das Betreibungsamt Plessur gerügt. Als Gläubigerin ist sie zur Erhebung der Beschwerde legitimiert, die im Übrigen frist- und formgerecht erfolgt ist.
2.1. Im Wesentlichen rügt die Beschwerdeführerin, die Rückweisung des Fortsetzungsbegehrens durch das Betreibungsamt Plessur sei zu Unrecht erfolgt. Vielmehr sei das Betreibungsamt Plessur für das Fortsetzungsbegehren zuständig, weshalb es diesem zur weiteren Behandlung wieder zurückzuerstatten sei. Durch E-Mail-Verkehr könne nachgewiesen werden, dass der Beschwerdegegner nach wie vor in Chur zu erreichen sei.
2.2. Das Betreibungsamt Plessur hält fest, der Beschwerdegegner habe sich bereits im früheren Betreibungsverfahren per 30. Juni 2022 von der Einwohnerkontrolle Chur ins Ausland abgemeldet. Dem Betreibungsamt Plessur seien keine Tatsachen bekannt, wonach sich der Wohnsitz des Beschwerdeführers nach Art. 23 ZGB wieder in F.___ befinde. Auch die Gläubigerin weise in ihrem Fortsetzungsbegehren vom 15. März 2023 nicht auf einen allfälligen Aufenthaltsort des Schuldners hin und bringe auch keine anderen zuständigkeitsbegründenden Tatsachen vor. Es stehe ihr aber frei, erneut ein Fortsetzungsbegehren mit dem Hinweis auf Art. 48 SchKG einzureichen und gleichzeitig anzugeben, wo sich der Schuldner aufhalte. Auch für eine Ediktalzustellung nach Art. 66 Abs. 4 SchKG sei das Betreibungsamt Plessur nicht zuständig.
3.1. Ein Schuldner ist gemäss Art. 46 Abs. 1 SchKG an seinem Wohnort zu betreiben. Der Wohnsitzbegriff bestimmt sich dabei nach den Regeln des Zivilrechts (Art. 23 ff. ZGB; BGE 120 III 7 E. 2a). Verändert der Schuldner seinen Wohnsitz, nachdem ihm die Pfändung angekündigt nachdem ihm die Konkursandrohung der Zahlungsbefehl zur Wechselbetreibung zugestellt worden ist, wird die Betreibung am bisherigen Wohnort fortgesetzt (Art. 53 SchKG). Erfolgt der Domizilwechsel vor der Ankündigung der Pfändung, ist eine Betreibung am neuen Domizil des Schuldners fortzusetzen, wobei die Rechtswirksamkeit von am bisherigen Wohnsitz vorgenommenen Betreibungshandlungen durch einen späteren Wohnsitzwechsel nicht berührt wird (Benno Krüsi, in: Kren Kostkiewicz/Vock [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 4. Aufl., Zürich 2017, N 5 zu Art. 53 SchKG). Die Wohnsitzfiktion gemäss Art. 24 Abs. 1 ZGB ist im Betreibungsrecht nicht anwendbar. Gibt der Schuldner seinen bisherigen Wohnsitz auf, ohne einen neuen zu begründen, kann er nur an einem besonderen Betreibungsort nach Art. 48 ff. SchKG betrieben werden, beispielsweise an seinem schweizerischen Aufenthaltsort (Art. 48 SchKG; BGE 119 III 51 E. 2a).
3.2. Liegt das neue Domizil des Schuldners im Ausland, ist eine Fortsetzung der Betreibung in der Schweiz nicht mehr möglich, es sei denn, dass ein besonderer Betreibungsort gemäss Art. 50-52 SchKG für den nämlichen Schuldner in der Schweiz besteht (Krüsi, a.a.O., N 3 zu Art. 53 SchKG). Dies ist Ausfluss des Prinzips der Territorialität, wonach im Zwangsvollstreckungsrecht jeder Staat nur auf seinem eigenen Staatsgebiet Zwangsvollstreckungshandlungen ausüben darf (Krüsi, a.a.O., N 13 zu Art. 46 SchKG). Jede Vereinbarung eines Spezialdomizils ist dabei nichtig (Krüsi, a.a.O., N 8 zu Art. 46 SchKG).
3.3. Bei einer fortgesetzten Betreibung nach Erlass eines Verlustscheines handelt es sich um eine neue, selbständige Betreibung, ohne dass ein Zahlungsbefehl ausgestellt wird. Es handelt sich daher im Kern weder um eine identische Betreibung noch um die Fortsetzung einer früheren Betreibung (Jean-Daniel Schmid, in: Kren Kostkiewicz/Vock [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 4. Aufl., Zürich 2017, N 33 zu Art. 149 SchKG). Demgemäss ist bei Stellung des Fortsetzungsbegehrens ein Betreibungsort nach Art. 46 ff. SchKG erforderlich. Der in der früheren Betreibung bestehende Betreibungsort hat daher für das neue Verfahren keine fixierende Wirkung.
3.4. Vorliegend hat sich der Beschwerdegegner noch während laufender Betreibung Nr. D.___, welche zum Verlustschein über CHF 9'251.40 führte, nämlich am 30. Juni 2023, aus Chur ins Ausland abgemeldet. Dies geht auch einem von Amtes wegen eingeholten Auszug der Einwohnerkontrolle der Stadt Chur vom 23. März 2023 hervor. Eine Wiederanmeldung ist bis zum Entscheidzeitpunkt in F.___ nicht mehr erfolgt. Aus einem Handelsregisterauszug der G.___ ist ersichtlich, dass der Beschwerdegegner bei Gründung derselben am 14. April 2023 in H.___ wohnhaft zu sein schien. Ob dies bereits bei Stellung des Fortsetzungsbegehrens der Fall war, ist nicht erstellt.
3.5. Ein beim unzuständigen Betreibungsamt gestelltes Begehren ist grundsätzlich zurückzuweisen. Das Betreibungsamt ist grundsätzlich nicht verpflichtet, den neuen Wohnsitz des Schuldners selbst ausfindig zu machen (Nino Sievi, in: Staehelin/Bauer/Lorandi [Hrsg.], Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs I, Art. 1-158 SchKG, 3. Aufl., Basel 2021, N 9 zu Art. 88 SchKG). Ein nach dem Wohnsitzwechsel des Schuldners beim früher zuständigen Betreibungsamt gestelltes Fortsetzungsbegehren wird von diesem, gestützt auf Art. 32 Abs. 2 SchKG, von Amtes wegen dem neuen Betreibungsamt weitergeleitet. Die Pflicht zur Weiterleitung des Fortsetzungsbegehrens gilt namentlich dann, wenn Fristwahrungen – beispielsweise gemäss Art. 88 Abs. 2 SchKG – davon abhängen (Thomas Winkler, in: Hunkeler [Hrsg.], Kurzkommentar, Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz, 2. Aufl., Basel 2014, N 5 zu Art. 88 SchKG).
3.6. Für den vorliegenden Fall hat dies zur Folge, dass ein Betreibungsort F.___ für den Beschwerdegegner zum Zeitpunkt des Fortsetzungsbegehrens nicht zur Verfügung stand. Das Betreibungsamt Plessur hat das Fortsetzungsbegehren daher zu Recht der Beschwerdeführerin zurückgewiesen. Zudem waren auch die Voraussetzungen für eine Bekanntmachung von Art. 66 Abs. 4 SchKG nicht erfüllt. Die gegen die Rückweisung erhobene Beschwerde ist daher abzuweisen.
3.7. Soweit sich die Frage der Weiterleitungspflicht an die zuständige Behörde nach Art. 32 Abs. 2 SchKG stellt, ist es grundsätzlich Sache des Gläubigers, diesen ausfindig zu machen. Aus dem Handelsregisterauszug der G.___ ergeben sich zwar Anhaltspunkte für eine Wohnsitznahme des Beschwerdegegners in H.___. Ob dem heute noch so ist, entzieht sich der Kenntnis der Rechtsmittelinstanz. Dies ausfindig zu machen, ist Sache der Beschwerdeführerin. Nachdem die Frist von sechs Monaten gemäss Art. 149 Abs. 3 SchKG noch längstens nicht abgelaufen ist, hat das Betreibungsamt Plessur nicht eine Weiterleitung an ein anderes (eventuell nicht zuständiges) Betreibungsamt vorzunehmen.
4. Da sich die Aufsichtsbeschwerde als offensichtlich unzulässig beziehungsweise offensichtlich unbegründet erweist, ergeht dieser Entscheid in Anwendung von Art. 18 Abs. 3 GOG in einzelrichterlicher Kompetenz
5. Das vorliegende Beschwerdeverfahren ist kostenlos (Art. 20a Abs. 2 Ziff. 5 SchKG).


Demnach wird erkannt:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Es werden keine Kosten erhoben.
3. Gegen diese Entscheidung kann gemäss Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG Beschwerde in Zivilsachen an das Schweizerische Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, geführt werden. Die Beschwerde ist dem Bundesgericht schriftlich, innert 10 Tagen seit Eröffnung der vollständigen Ausfertigung der Entscheidung in der gemäss Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen Weise einzureichen. Für die Zulässigkeit, die Beschwerdelegitimation, die weiteren Voraussetzungen und das Verfahren der Beschwerde gelten die Art. 29 ff., 72 ff. und Art. 90 ff. BGG.
4. Mitteilung an:
Quelle: https://www.findinfo-tc.vd.ch

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